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23.01.2024 | ZIMMERMANNSHUT statt NARRENKAPPE

35 Jahre BA-HU im Osten und 35 im Westen, der BA-HU-Fasching wird 70!

Wir kamen in Dölitz an, bezeichnenderweise mit der Linie 11. Es ging durch den dunklen Agra-Park, vorbei an der Spreewaldschänke in Richtung Wildgehege. An jeder Ecke fragte uns ein finsterer Geselle, ob man Karten übrig habe. Hatten wir nicht, wie alle mit uns mitlaufenden Nonnen, Römer, Katzen, Cowboys und Indianer, auch Netzstrumpfhosen waren reichlich vertreten.

Eine Kehre noch, und dann sahen wir sie von Weitem leuchten, majestätisch stand sie da, die Parkgaststätte Markkleeberg.

Diese oktav geschwungenen Außenwände, die bodentiefen Fenster sowie die umlaufende Galerie sorgen für diese imposante Erscheinung des sogenannten sozialistischen Klassizismus.

Von außen konnte man in den großen Saal sehen, schon Stunden vor dem Programm brechend voll.

Die Scheiben der Fenster bebten förmlich, wenn drin die Menge „Baa-Huuuu“ brüllte, den legendären Faschingsruf der Technischen Hochschule Leipzig .

Äußerst beeindruckend war auch die Menschentraube vor dem Eingang ,hunderte Karnevalisten versuchten mit Geldscheinen, Forum-Schecks und anderen Argumenten irgendwie Einlass zu erlangen. Ab und zu tauchte aus dem Nichts ein schwarzer Hut auf und nahm 2,3 Glückliche ganz diskret mit hinein.

War man irgendwie drin, kroch man auf allen Vieren durch zwei vom Leipziger Zoo geborgte Löwenkäfig-Gatter erwartungsvoll ins Innere. Dort wurde man vom Ba-Hu Elferrat in Empfang genommen. Stempeln hieß das Ritual. Einen Eumel-Stempel den Männern auf die Wange und den Damen ganz sanft auf die vom Elferrat entblößte Brust.

Der Rundgang durch die Flure und Säle offenbart die Kreativität der Studenten. Sämtliche Wände sind mit witzigen, selbst gemalten Plakaten bepflastert. Überall spielt eine Band oder legt ein DJ auf .

Im großen Saal sitzen an die tausend Kostümierte, viele mit Zimmermannshüten. Die Mädels auch teilweise mit schwarzen Hüten, oft kombiniert mit einem ziemlich kurzen Rock.

Man schunkelt nach der live gespielten Blasmusik, brüllt nach Freibier, die Konfetti-Kanone verschießt Millionen Papierreste aus der EDV.

Dann Spot on, mit dem „Narrhalla“-Marsch aus dem rheinischen Karneval marschiert das begehrteste Gremium der Hochschule ein, der BA-HU Elferrat. Die Masse feiert die Büttenredner, die zweideutige Texte vortragen. Diese mussten im Vorfeld mit fünf „Durchschlägen“ bei Partei und Staatssicherheit eingereicht und genehmigt werden.

Die Zensur wurde strenger seit in den Siebzigern, als fast der gesamte Elferrat exmatrikuliert wurde wegen „staatsfeindlicher Hetze“ in der Bütt.

Um die Zensur zu umgehen, wurden meist Metaphern bemüht. Das Publikum wartete gespannt auf die systemkritischen Elemente der Reden.

So bemüht „Dömes“ früher in der Gegend ansässige Völker so: „Gingen die Germanen noch per pedes, fuhren die Römer schon Mercedes“

Oder welch beängstigende Weitsicht 1982, wenn „Fossi“ sprach: „Das Öl nur noch spärlich tropft, als wär‘ das Drushba-Rohr verstopft“.

Die Menge johlte und sang mit der Studentenband, den „Keksen“, lauthals die „Ballade vom heißen Rudolf“. „Wir sind die Größten, die Schönsten, als Star geboren“. Oder die Ode an Lützschena: „Oh Sternburg, ein Bier, das uns gefällt, man kriegt es auch für unser Geld“.

Abschließend zelebrierte das Publikum schunkelnd aus 1000 Kehlen ihre Hymne: “Ey ey ey ey, Karneval der BA-HU“.

Als Student war man nie glücklicher als in diesem Moment, man war stolz auf sich selbst, dass man es hierher geschafft hatte. Man war stolz auf seine Freunde und Kommilitonen und den Elferrat. Das Besondere, man war auch stolz auf seine Hochschule, die keinen wegen Marxismus/Leninismus oder Russisch exmatrikulierte, aber solch ein galaktisches Fest irgendwie ermöglichte.

Dieses Gefühl „Stolz“ stellte sich in der DDR bekanntlich nicht so oft ein. Beim Fasching war es allgegenwärtig.

Nicht nur an der TH war das so, in der Parkgaststätte feierten auch Medi´s, Chemiker, Phy-Ma und TV von der KMU und die „Klipp“ von der Fachschule für Bauwesen, und das alle mehrere Tage hintereinander!

So kamen in drei Wochen ca. 25.000 Besucher zusammen, dazu kamen die rund 6000 von der DHfK, damit galt der Studentenfasching zu Leipzig als der größte studentische Karneval in ganz Deutschland.

35 Jahre ging das in jedem Februar so, dann kam die politische Wende und die jungen Leute hatten andere Sorgen, Prioritäten und Alternativen.

Aber warum sollte solch eine, wenig systemnahe, spannende und glückliche Momente schaffende Tradition dem Zeitgeist geopfert werden?

Dem aktuellen Studenten-Elferrat der HWTK ist es zu verdanken, dass weitere 35 Jahre dazu kamen.

Den BA-HU-Fasching gibt es in diesem Jahr 70 Jahre, 35 im Osten und 35 im westlichen System. Einmalig!

Die Studentenschaft feiert am 23.Februar im Werk 2 in der Kochstraße 132 ihren großen Fasching und am Tag darauf, also dem 24.02.2024, die Gala anlässlich des 70-jährigen Jubiläums.

Karten in der Mensa Academica oder online über die Website www.ba-hu.de

Für Absolventen und alle Leipziger gibt’s am 03.Februar im „Anker“ ab 19.00 Uhr

BA-HU-Fasching 30plus mit der Band „Four Roses“, der „IMO“ und dem traditionellen Bütt-Programm.

Karten über das Premium-Reisebüro  0341-309520, online über www.eventim.de oder an der Abendkasse im Anker.